Ausgangslage im Handlungsfeld Sport und Kultur

Bereich Sport

Sport hat das Potenzial, Menschen verschiedener Herkunft, Religionen, Weltanschauungen, sozialer Hintergründe sowie Geschlechts und Alters zusammen zu bringen. Insbesondere die Sprachbarriere ist für das gemeinsame Sporttreiben meist kein großes Hindernis. Sportvereine bieten eine exzellente Möglichkeit, für die Begegnung im sportlichen Miteinander und dadurch Werte wie Verständigung, Toleranz und Fairness zu vermitteln. Der Zugang zu Sportvereinen kann eine wichtige integrative Funktion erfüllen, weil neu Hinzukommende Kontakt zu Personen bekommen, die dadurch, dass sie nicht nur Sportler und Sportlerinnen sind, sondern auch beruflich tätig sind, im Verein mitwirken oder im Wohnungsmarkt partizipieren, schon einen etablierten Platz in der Gesellschaft haben. Diese „Sportsfreunde“ können eine Brücke in die lokale Gesellschaft bilden. Gleichzeitig spiegeln sich in Sportvereinen immer auch gesellschaftliche Tendenzen. So ist auch der Sport nicht vor problematischen oder gefährlichen Phänomenen wie Ausgrenzung, Rassismus oder Rechtsextremismus und damit verbundener Gewalt gefeit.

Diese Probleme sind im Fußball allein schon wegen der großen Verbreitung im Breitensport und der Popularität des Profifußballs besonders sichtbar. Von rassistischen und beleidigenden Sprüchen sowohl von Spielern wie von Zuschauern gegen Spieler und Schiedsrichter auf dem Platz, bis hin zu organisierten rechten Fangruppierungen finden sich im Amateur- wie auch im Profifußball viele solcher Situationen und Strukturen. Hier sind die Verbände und die Vereine gefragt, ein Bewusstsein für diese Problematiken zu entwickeln, diesem Thema eine hohe Priorität zu geben und gemeinsam Sensibilisierungs- und Präventionsarbeit zu leisten. Auch wenn Rassismus und Rechtsextremismus im Fußball deutlicher wahrgenommen werden als anderswo, bedeutet das nicht, dass andere Sportarten keinem Rassismus und Rechtsextremismus begegnen. Hier gilt es ebenfalls, auf allen Ebenen des organisierten Sports – im Verein, im Stadtsportbund und im Fachverband – die Problematiken wahrzunehmen und kooperativ Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Gerade übergeordnete Strukturen wie der Landessportbund oder der Deutsche Olympische Sportbund engagieren sich seit Jahrzehnten in entsprechenden Projekten und Strukturen.1 Besonders nennenswert ist dabei das Bundesprogramm „Integration durch Sport“, welches die Integrationsarbeit in den Sportvereinen unterstützt. Die Programmleitungen in den Landessportbünden beraten und begleiten dabei die Vereine, bieten interkulturelle Qualifizierungen für Trainerinnen und Trainer und weitere Verantwortliche an und unterstützen ausgewählte sogenannte „Stützpunktvereine“ mit einer angemessenen Finanzierung. Der Landessportbund NRW hat sich mit dem Projekt „Willkommen im Sport“ der Ausbildung von Geflüchteten und Neuzugewanderten zu Sporthelfern oder Übungsleitern angenommen. So kann die Integration der Neuzugewanderten unterstützt und gleichzeitig die interkulturelle Öffnung der Sportvereine vorangetrieben werden. Diese Strukturen haben sich auch in Solingen durch den Stadtsportbund etabliert, indem vor Ort mit den Vereinen Maßnahmen ergriffen werden.

Sportvereine bieten mit ihrer enormen Verbreitung, ihrem großen Mitgliederanteil an Kindern und Jugendlichen und ihrer umfangreichen informellen Bildungsarbeit vielfältige Möglichkeiten, ein Klima der Offenheit, der Toleranz, des Respekts und der Zivilcourage zu schaffen.

Bereich Kultur

Im Rahmen eines Handlungskonzeptes, das immer wieder auch auf verschiedene soziale Unterscheidungen, etwa unter der Perspektive der Herkunft oder insgesamt des Diversity-Managements eingeht, ist es angebracht zu konkretisieren, von welchem Teil der „Kultur“ im vorliegenden Handlungsfeld die Rede ist. Ausgehend von einem weiten Kulturverständnis, dient alles was Menschen als soziale Wesen in Kommunikation miteinander hervorbringen der Verständigung in einer bestimmten Gemeinschaft und dem Individuum zur (meist unbewussten) Orientierung im Leben. Dazu gehören Sprachen, Gesten, Symbole, Architektur, Feiern von Festen, Religion, Rechtsverständnis, Bildung, Familie oder das Verhältnis zwischen Geschlechtern und Generationen. In diesem Abschnitt geht es um Kultur als gemeinsame Darstellungen in bestimmten, gerade nicht alltäglichen Ausdrucksformen wie Theater, Kunst, Museum, Musik und Tanz, ohne diese höher oder niedriger zu bewerten als die gelebte Pop- und Alltagskultur. Interessant könnte sein zu analysieren, inwieweit „hochkulturelle“ Inszenierungen von der alltagskulturellen Erfahrungen geprägt sind, in welcher Weise sich unterschiedliche Bevölkerungsgruppen hierdurch repräsentieren können und welche Auswirkungen umgekehrt solche Kulturveranstaltungen auf den Alltag und das soziale Miteinander der sozial heterogenen Stadtgesellschaft haben.

Auch das Handlungsfeld Kultur bietet gute Chancen, um im Sinne gegenseitiger Verständigung und Toleranz zu wirken, indem es Menschen zusammenbringt und den Austausch untereinander fördert. Darüber hinaus wirkt Kultur, im Sinne kultureller Vielfalt, als Ausdrucksmöglichkeit unterschiedlicher Wertesysteme, Traditionen und Glaubensrichtungen und kann dazu beitragen, dass die kulturelle Vielfalt der Stadt auch erlebbar wird – vorausgesetzt, dass sowohl „einheimische“ als auch „zugewanderte“ soziokulturell homogene Gruppen nicht immer nur „ihr Eigenes“ reproduzieren, sondern auch die kulturellen Repräsentationen der „anderen“ wahrnehmen, wertschätzen und besuchen. Der Grundsatz der allgemeinen Teilhabe aller Bevölkerungsteile, also auch der Interkulturellen Öffnung der Institutionen spiegelt sich auch im Kulturfördergesetz des Landes Nordrhein-Westfalen:

  • §5 (3) „Durch die Kulturförderung sollen Einrichtungen, Programme und MaĂźnahmen unterstĂĽtzt werden, die geeignet sind, auch Menschen zu erreichen, die aufgrund ihrer Herkunft, ihres Alters, ihres Geschlechts oder aufgrund einer Behinderung bisher nicht oder in nicht ausreichendem MaĂź am kulturellen Leben teilhaben können. Dabei soll die kulturelle Interaktion zwischen Bevölkerungsgruppen verschiedener Ethnien, Religionen oder Weltanschauungen gefördert und weiterentwickelt werden.“
    Weiterhin ist ein Ziel der Kulturförderung in NRW:
  • §3 (3)“in der Gesellschaft zu Offenheit und Verständnis fĂĽr kĂĽnstlerische Ausdrucksformen und kulturelle Vielfalt beizutragen und die Menschen zur kritischen Auseinandersetzung mit Kultur und Kunst zu befähigen.“

Gleichzeitig unterliegt das Feld Kultur ebenfalls der Gefahr – gerade weil Rassismus und Diskriminierung der kulturellen Reproduktion bedarf – durch übertriebene Darstellung Unterschiede und deren (Ab)wertung erst zu benennen und damit wirklicher und auch wirksamer zu machen, im eigentlichen Sinne zu kultivieren und sie letztlich als Wertungs- und Ausschlusskriterium auszunutzen. Plakative Bespiele finden sich sowohl historisch wie aktuell in jeder autokratischen beherrschten Gesellschaft, aber auch Teile der aktuellen Popkultur wie Rap und rechter Musik müssen als Ausdruck und Transportmittel rassistischer, sexistischer und rechtsextremer Ideologien ernst genommen werden, genauso wie die Alltagssprache als Grundton der Alltagskultur, in der sich immer wieder diskriminierende und abwertende Haltungen ausmachen lassen.

Im Rahmen von NRWeltoffen richtete sich im Handlungsfeld Sport & Kultur der Blick auf Zugangsmöglichkeiten zu sportlichen und kulturellen Aktivitäten und auf den Umgang mit Ressentiments im Freizeitbereich.